Glasgow – Bei der Siegerehrung küsste Stefan Bötticher stolz seine Gold-Medaille und freute sich danach auf ein Guinness bei der abendlichen Party: Grund zu feiern hatte der Bahnradfahrer nach seinem Keirin-Titel am Dienstag zum Abschluss der Europameisterschaften in Glasgow genug.
Der Chemnitzer krönte mit seinem Triumph nicht nur seine eigene Bilanz, sondern auch das großartige Abschneiden des deutschen Teams bei den Titelkämpfen in Schottland.
«Ich habe mich tags zuvor ein bisschen über Silber gegrämt. Aber das heute ist wie eine Story in einem schlechten Film», sagte Bötticher in einer ersten Reaktion und fügte hinzu: «Für mich war es ein guter Film.» Das Gold war für den 26-Jährigen die dritte Medaille bei den Titelkämpfen im Sir-Chris-Hoy-Velodrome. Am Vortag hatte er schon Silber im Sprint und zum EM-Auftakt Bronze im Teamsprint geholt.
«So ein Rennen sieht man selten. Er hat alles richtig gemacht, seine Stärken voll ausgespielt: Coolness, Taktik, Cleverness», sagte Bundestrainer Detlef Uibel. «Das können nur ganz wenige Rennfahrer», fügte er hinzu. Den Endlauf habe er ganz entspannt verfolgt, meinte der Trainer: «Im Halbfinale war es enger, da habe ich mehr gezittert.»
Für Bötticher selbst war das Rennen einfach nur «unbeschreiblich». Irgendwie sei er nach Silber am Vortag befreit gewesen, meinte der Weltmeister von 2013 und WM-Zweite 2014 und erinnerte an sein nun endlich überwundenes Tief nach über zweijähriger Verletzungspause. «Es war schon bitter, dass ich Olympia zum zweiten Mal verpasst habe. Aber jetzt geht es bergauf», ist er sich sicher. «Die Medaille und das Trikot werden zu Hause auf jeden Fall einen Ehrenplatz erhalten.»
Damit standen zum EM-Abschluss für den Bund Deutscher Radsportler in den 22 Entscheidungen elf Medaillen (3/4/4) zu Buche. Das Ergebnis der vergangenen Titelkämpfe in Berlin erreicht, als es zwölf Mal Edelmetall (5/4/3) gegeben hatte, wurde somit fast wiederholt, zumal in Glasgow die Steher-Rennen nicht ausgefahren wurden.
Böttichers Vereinsgefährte Joachim Eilers hatte zuvor seine dritte EM-Medaille in Schottland verpasst. Der Weltmeister von 2016 belegte Platz sieben. Titelverteidiger Maximilian Levy aus Cottbus hatte frühzeitig auf einen EM-Start verzichtet. Seine Clubkameradin Emma Hinze scheiterte im Halbfinale und landete auf Rang elf.
Vorjahres-Europameisterin Kristina Vogel aus Erfurt wurde nach ihrem schweren Unfall von Cottbus in Glasgow sehr vermisst. «Ihr Fall hat uns alle sehr mitgenommen. Unter diesem Umständen konnte man dieses Top-Ergebnis hier niemals erwarten», betonte Uibel.
Im Ausscheidungsfahren der Männer musste Maximilian Beyer beim Sieg des Briten Matthew Walls mit Rang sieben zufrieden sein. «Ich hatte mir nach der Enttäuschung im Omnium viel mehr vorgenommen, aber es hat einfach nicht gereicht», sagte der Berliner. Auch im Zweier-Mannschaftsfahren waren Anna Knauer und Lisa Küllmer ohne Chance auf Edelmetall, nachdem Küllmer gestürzt war.
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(dpa)