Philadelphia – Mit Blaulicht-Eskorte rauschte der Bus des FC Bayern in die verregnete Nacht von Philadelphia. Es war aber nicht so, dass Niko Kovac den Ort seiner ersten Niederlage als Trainer des deutschen Fußball-Rekordmeister so schnell wie nur möglich verlassen wollte.
Nein, der 46 Jahre alte Kroate sah nach dem unnötigen und selbst verschuldeten 0:2 (0:2) seines mit vielen Nachwuchsspielern aufgefüllten Profi-Rumpfkaders gegen Juventus Turin gar keinen Grund, sich übermäßig zu grämen. Die positiven Eindrücke überwogen für ihn.
«Das Ergebnis spricht nicht für uns, aber das ist für mich sekundär. Ich habe viele gute Sachen gesehen», lautete das Fazit von Kovac vor der rasenden Abfahrt aus dem Football-Stadion des Superbowl-Champions Philadelphia Eagles. Das Resultat spiegele «nicht ganz den Spielverlauf wider», urteilte der Münchner Chefcoach.
Tatsächlich diktierte der deutsche Meister gegen den italienischen Champion, der noch ohne den für über 100 Millionen Euro von Real Madrid verpflichteten Weltfußballer Cristiano Ronaldo auflief, in den 90 Testspielminuten das Geschehen auf dem klatschnassen Rasen. Tempo, Intensität, Gegenpressing – diese Dinge hatten Kovac gut gefallen.
Zwei krasse Minuspunkte führten aber vier Tage nach dem 3:1 gegen Paris Saint-Germain zur ersten Niederlage im International Champions Cup und auf der Werbetour in Amerika: Vorne ließen die Bayern auch beste Torchancen aus. «Und die Gegentore haben wir selbst geschossen», wie Sportdirektor Hasan Salihamidzic bemerkte.
Das 0:1 verschuldeten Youngster Josip Stanisic und Torwart Sven Ulreich «mit einer Verkettung von zwei Fehlpässen», wie Kovac analysierte. «Und beim zweiten Tor spielen wir auf Abseits, wo man nicht auf Abseits spielen darf», rügte er. Die Geschenke nahm Juves Mittelstürmer Andrea Favilli vor 32.105 Zuschauern mit seinem Doppelschlag (32./40. Minute) gerne an. «Wir haben gut gespielt. Leider haben wir kein Tor gemacht. Aber wir müssen so weitermachen. Wir haben bis jetzt gut gearbeitet», meinte Kapitän Franck Ribéry.
Kovac nimmt seine Spieler trotz der Reisestrapazen und einiger Marketing-Termine im Training mächtig ran. «Ich bin sehr angetan von der Reise und denke, dass ich es auch in den nächsten Tagen bleiben werde», sagte er vor der Weiterreise am Donnerstag nach Miami. Dort findet am Samstagabend (Ortszeit) Spiel zwei gegen Manchester City statt. «Das wollen wir gewinnen – und dann geht’s nach Hause», sagte Ribéry zum reizvollen Wiedersehen mit Ex-Coach Pep Guardiola. Kovac kündigte bereits an, dann hauptsächlich seine Profis aufzubieten.
Ob Javi Martínez gegen den englischen Meister mitwirken kann, ist offen. Der Spanier verließ das Stadion in Philadelphia mit einem dicken Verband am rechten Knie. Bei einem Zweikampf stürzte ein Gegenspieler auf den 29-Jährigen, der eine «Muskelquetschung» an der Kniekehle erlitt, wie Kovac berichtete. Es sei aber wohl «nichts kaputtgegangen». Mit einem längeren Ausfall wird nicht gerechnet.
«Wir haben jetzt noch drei Tage, die wir sinnvoll nutzen werden», kündigte Kovac für den Aufenthalt im Sonnenstaat Florida an. Der neue Chefcoach freut sich aber auch schon auf die Rückkehr nach München, wo die WM-Teilnehmer von Kapitän Manuel Neuer bis zu Neuzugang Leon Goretzka am Mittwoch nach dem Urlaub die Arbeit aufnahmen. «Alles okay», habe ihm Co-Trainer Peter Hermann anschließend übermittelt. «Sie haben einen leichten Aufgalopp gehabt. Ich hoffe, dass wir dann alle zusammen am 2. August im Trainingslager üben», sagte Kovac. Am Tegernsee beginnt dann die entscheidende Phase II der Vorbereitung und der Kampf um die Plätze für die Spiele, die wirklich zählen.
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(dpa)