Silverstone – Die Botschaft, die der viermalige Formel-1-Weltmeister Lewis Hamilton nach dem Desaster von Österreich in die Welt twitterte, war an viele gerichtet: an sein Mercedes-Team, seine Fans, seine Konkurrenten – und letztlich auch an sich selbst.
«Wenn du zu Boden gegangen bist, kannst du entweder auf dem Boden bleiben oder wieder aufstehen und noch härter kämpfen. Ich bin bereit zu kämpfen», ließ er über den Kurznachrichtendienst wissen. Darunter ist ein Schwarz-Weiß-Bild zu sehen, wie er zu einem Boxring geht.
Die Symbolik passt. Nach dem Technik-K.o. beim Großen Preis von Österreich steht Hamiltons nächster Ring am Wochenende in Silverstone, seinem Formel-1-Wohnzimmer. Nirgendwo wird der 33-jährige Brite so gefeiert. Hunderttausende Anhänger kommen vor allem seinetwegen ins selbst ernannte «Home of British Motor Racing».
Es sei das «intensivste Wochenende des Jahres für ihn», sagt der PS-Popstar aus der Kleinstadt Stevenage. Fünf Mal gewann er auf der geschichtsträchtigen Strecke in Mittelengland, vier Mal davon in den vergangenen vier Jahren. Nur Alain Prost hat genauso oft triumphiert.
Hamilton wäre gern als Spitzenreiter der WM-Gesamtwertung in seine Heimat gekommen. Doch das Aus in Austria gab seinem Ferrari-Dauerrivalen Sebastian Vettel die Gelegenheit, mit Platz drei wieder an ihn vorbeizuziehen. Ein Punkt beträgt der Abstand.
Jetzt müssen er und sein Silberpfeil-Team vor dem eigenen Publikum Nehmerqualitäten beweisen. Der erste technisch bedingte Doppel-Ausfall im sechsjährigen Dasein als Werksteam beim Großen Preis von Österreich in Spielberg hat Mercedes getroffen.
Denn nicht nur Hamilton (defekte Benzinpumpe), sondern auch Teamkollege Valtteri Bottas (Hydraulikleck an der Lenkung) war in der Steiermark unerwartet liegen geblieben. Dazu kamen eine Strategiepanne und einige Reifenprobleme. In den Silber-Fabriken in Brackley und Brixworth unweit von Silverstone gab es erhöhten Redebedarf.
Bei der Aufarbeitung war der Fokus unter anderen auf die Frage gerichtet, ob die Defekte an den beiden Fahrzeugen möglicherweise weitere Schäden nach sich gezogen haben, die dann zum regelwidrigen Tausch von Teilen und zu Strafen führen könnten. Dies wäre im WM-Kampf mit Ferrari und Red Bull bitter. Technikchef James Allison gab erst einmal Entwarnung: «Wir denken, wir werden in guter Verfassung sein», meinte er.
Das ist auch nötig. Denn nicht nur Hamilton verlor seine WM-Spitzenposition, auch Mercedes musste in der Konstrukteurswertung die Führung Vettels Scuderia überlassen. Und dann rauscht auch Red Bull vor allem mit dem Österreich-Sieger Max Verstappen von hinten heran.
Die Favoritenrolle für das Rennen auf dem Power-Kurs in Silverstone haben dennoch die Silberpfeile. «Da werden die Mercedes unschlagbar sein», glaubt Red-Bull-Motorsportchef Helmut Marko.
Nicht nur er hofft auf das Wetter als Verbündeten gegen Mercedes. «England könnte mal seinem Ruf als regenreiches Land gerecht werden», sagte der Österreicher. Laut Wetterbericht wird sich der Wunsch aber nicht erfüllen. Am gesamten Wochenende sollen die Tagestemperaturen an die 30-Grad-Marke heranreichen, von Regen keine Spur.
Hamilton setzt indes lieber auf die eigene Stärke. «Wir haben das Auto, um in Silverstone schnell zu sein», sagte er. «Wir müssen herausfinden, was wir falsch gemacht haben, aber wir müssen das Positive annehmen.» In Spielberg seien sie die Schnellsten gewesen und hätten gewinnen müssen. Und er verspricht: «Wir werden weiter hart arbeiten.»
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(dpa)