Pyeongchang – Die «alte Frau» eilt allen davon. Fahnenträgerin Andrea Eskau hat bei den Paralympics in Pyeongchang Gold im Biathlon gewonnen.
«Ich bin sehr stolz, ich bin eine alte Frau», sagte Eskau lachend nach ihrem Triumph. Die 46-Jährige, die im Langlauf in Pyeongchang bereits Silber holte, leistete sich bei schwierigen Bedingungen mit viel Wind auf der zehn Kilometer langen Strecke nur einen Schießfehler und kam nach 42:36,6 Minuten ins Ziel. «Es ist echt verrückt», sagte die Magdeburgerin. «Das hatte ich nicht erwartet.» Bei der Präsentation der Medaillengewinnerinnen im Biathlon-Stadion riss sie beide Arme nach oben und ließ sich feiern.
Vor der zweitplatzierten und 19 Jahre jüngeren Russin Marta Sainullina, die für die Neutralen Paralympischen Athleten startet, hatte Eskau mehr als eine Minute Vorsprung. Bronze ging an Irina Guljaewa – ebenfalls aus Russland. «Wenn es passt, dann geht’s wie von alleine. Das ist irre», beschrieb Eskau ihr Rennen.
Die zweite deutsche Starterin Anja Wicker kam in der sitzenden Kategorie mit vier Fehlern am Schießstand auf Rang acht und gratulierte der Siegerin: «Respekt! Ich freue mich richtig für sie.»
Bei zeitweise starkem Wind waren besondere Konzentration und gutes Timing gefragt. «Ich habe den Wind abgewartet und ansonsten vollen Rhythmus geschossen», erklärte die querschnittsgelähmte Eskau. «Ich bin super, super happy über mein Schießen. Das war das beste Schießen in meiner ganzen Karriere.» Dabei half auch die Routine: «Ich war überhaupt nicht aufgeregt und das ist halt mein großer Vorteil.»
Auch der Präsident des Deutschen Behindertensportverbands Friedhelm Julius Beucher war begeistert. «Das ist unbeschreiblich. Sie hat im stärksten paralympischen Biathlon-Feld der Welt gewonnen», sagte er. «Bei den letzten 30 Stockschlägen habe ich bei jedem einzelnen gebrüllt.»
Für Eskau war es die zweite Medaille bei den Winterspielen in Südkorea und die siebte goldene bei fünf verschiedenen Paralympics insgesamt. Die Sportlerin hat auch bei Sommer-Paralympics schon Edelmetall geholt. Dort startet sie mit dem Handbike.
«Die anderen Mädchen könnten alle meine Töchter sein», hatte Eskau vor den Paralympics zum Starterfeld gesagt. Sie merke das Alter schon an einigen Wehwehchen. Man müsse «eben intelligent sein und sich Erholungspausen verschaffen» – auch wenn das manchmal Party-Verzicht bedeute. Groß feiern werde sie die Goldmedaille vorerst nicht, sagte Eskau. Stattdessen steht Schonung auf dem Programm. Die Medaillenjagd in Südkorea ist noch nicht vorbei.
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(dpa)