Pyeongchang – Snowboarderin Anna Gasser rückt sich den blauen Helm ein wenig zurecht und lächelt. Zweieinhalb Mal hat sie sich in der Luft um die eigene Querachse gedreht, ist sicher gelandet und hat ihre olympische Premiere im Wettbewerb Big Air glänzend gemeistert.
Am Freitag geht es für die siebenmalige Weltmeisterin bei den Olympischen Winterspielen in Pyeongchang um Gold. Zu den ersten Gratulanten der 26-jährigen Kärntnerin zählt ihr österreichischer Landsmann Walter Hofer (62), seit vielen Jahren als Renndirektor ein bekanntes Gesicht des Skispringens. Hier trifft die Moderne die Tradition des Wintersports. Auch der Schauplatz verbindet das Althergebrachte mit dem Neuen. Der spektakuläre Wettbewerb findet auf dem Gegenhang des olympischen Skisprungstadions statt. Auf der einen Seite landet abends Andreas Wellinger, auf der anderen morgens Anna Gasser.
Von einer 49 Meter hohen Stahlrohrschanze stürzen sich die Snowboarder beim Big Air in die Tiefe, schießen über eine knapp fünf Meter hohe Rampe, vollbringen während eines bis zu 30 Meter weiten Flugs waghalsige Kunststücke und landen sicher auf dem Aufsprunghügel – im Optimalfall. Denn Stürze gehören zum Alltag.
«Für mich ist das Gladiatoren-Snowboarden. Du stehst da oben und dann heißt es: friss oder stirb», hatte die Münchner Snowboarderin Silvia Mittermüller im Vorfeld über diesen Wettbewerb gesagt. «Das Größte, was man bei so einem Event feiern kann, ist, wenn es einem danach gut geht, nichts kaputt ist und man hinterher noch lachen kann. Gerade als Frau muss man die Zähne zusammenbeißen.» Mittermüller musste indes ihren Olympia-Trip nach einer im Slopestyle-Training erlittenen Knieverletzung abbrechen und auf den Start im Big Air verzichten.
Big Air feiert wie Curling-Mixed sowie die Teamwettbewerbe im Eisschnelllauf und im alpinen Skisport in Südkorea olympische Premiere. Anders als die anderen Snowboard-Wettbewerbe, die im etwas abgelegenen Phoenix Snow Park stattfinden, will Big Air das Zentrum der Spiele erobern. Rund 3000 Zuschauer sind am Montagmorgen zur Premiere gekommen. Vor allem japanische Fans machen sich bei den Sprüngen ihrer Lieblinge bemerkbar. Ansonsten ist nicht viel von Party-Stimmung zu spüren.
Deutsche Athletinnen fehlen im Feld. Immerhin hat in Dirk Scheumann aus Durach im Allgäu ein Deutscher den Kurs gestaltet. Und der Weg vieler Athleten nach Pyeongchang führte über Mönchengladbach. Im Hockeypark gleich neben dem Borussia-Park der Fußballer fanden in diesem und im vergangenen Winter Weltcup-Wettbewerbe statt.
Auch Moskau, Mailand oder Peking gehörten zu den Stationen der Flugkünstler. Mit dem Big Air drängt der Internationale Skiverband in die Städte. Der Sport geht dahin, wo er das Publikum vermutet. Nach Mönchengladbach kamen 16 000 Zuschauer – und den Schnee lieferte die Skihalle im nahen Neuss.
Fotocredits: Carl Sandin,Timo Jaakonaho
(dpa)