Pyeongchang – Freudestrahlend winkte Andreas Wellinger ins Publikum von Pyeongchang, dann sprang er ein weiteres Mal kraftvoll auf dem Siegerpodest in die Höhe.
Genau eine Woche nach seiner Goldmedaille von der Normalschanze hat der 22 Jahre alte Bayer von der Großschanze Silber gewonnen und sich in einer packenden Entscheidung nur dem überragenden Kamil Stoch geschlagen geben müssen. Nach Flügen auf 135,5 und 142 Meter freute sich Wellinger über seinen nächsten olympischen Coup. Mehrere Male streckte er seine Faust in die Luft und freute sich mit seinen Teamkollegen, die ihn als erste im Auslauf begrüßten und herzten.
«Die Spiele bis jetzt sind unbeschreiblich. Dass ich wieder zur Siegerehrung darf, ist der absolute Wahnsinn», sagte Wellinger. «Es waren zwei Top-Sprünge. Es ist ein Riesenerfolg für den jungen Burschen und für das ganze Skisprung-Deutschland», lobte Bundestrainer Werner Schuster.
«Gold und Silber im Einzel. Es ist cool, ihm zuzuschauen. Der zweite Sprung war genial. Er hat es spannend gemacht», sagte Teamkollege Richard Freitag, der mit Rang neun erneut an den vorderen Rängen vorbeisprang. Bronze holte sich der Norweger Robert Johansson, der schon auf der Normalschanze den dritten Platz belegt hatte. Für Stoch war es nach Doppel-Gold von Sotschi bereits der dritte Olympiasieg und wenige Wochen nach dem historischen Vierfachsieg bei der Tournee der nächste große Höhepunkt einer traumhaften Saison.
Auch Wellinger kann nach seinem nächsten Edelmetall auf eine stattliche Olympia-Ausbeute verweisen. Es war trotz seines jungen Alters schon die dritte Medaille seiner Karriere – und das muss noch nicht das Ende gewesen sein. Schließlich wartet am Montag (13.30 Uhr MEZ) noch der Teamwettbewerb, den Wellinger und Co. vor vier Jahren gewonnen hatten. «Wenn jeder die Leistung bringt, müssen sich die Anderen lang machen, um uns zu schlagen», sagte Wellinger. Denn Karl Geiger als Sechster und Markus Eisenbichler auf Rang 14 machten am Samstag Hoffnung auf mehr.
«Wenn man schon einen Olympiasieg hat, muss man sich nicht fürchten», hatte Coach Werner Schuster geraten. Und entsprechend trat Wellinger auch auf. Schon im ersten Durchgang landete er einen Satz auf 135,5 Meter und belegte damit den dritten Platz hinter Stoch und dem Österreicher Michael Hayböck, dem bei guten Windverhältnissen der weiteste Satz auf 140 Meter gelang.
Andere Sieganwärter hatten indes schon im ersten Durchgang ihre Chancen fast auf eine Medaille verspielt, wie etwa Freitag als Elfter oder Daniel Andre Tande auf Platz 15. Da nützte dem Norweger im zweiten Durchgang auch ein 138,5-Meter-Sprung nichts mehr – am Ende war er Vierter.
In umgekehrter Reihenfolge musste Wellinger von den Top drei als Erster vorlegen und er lieferte eindrucksvoll ab. Mit 142 Metern setzte er die Konkurrenz unter Druck. Hayböck fiel danach auf Platz sechs zurück, doch Stoch hielt dagegen. 136,5 Meter bei schlechteren Windverhältnissen reichten zu Gold.
Die deutschen Skispringer haben damit die Ambitionen in dieser Saison schon weit übertroffen. Eine Medaille im Einzel und eine im Team waren für Pyeongchang angepeilt, nun hat Wellinger dem ersten Einzel-Olympiasieg seit Jens Weißflog 1994 ein weiteres Mal Edelmetall folgen lassen. Auch bei der Skiflug-WM, als Freitag Bronze holte und bei der Vierschanzentournee, die Wellinger als Zweiter beendete, sprangen die Akteure von Coach Schuster ganz vorne mit.
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(dpa)