Olympia

«Olympischer Picasso» bringt Athleten zum Malen

By

on

Pyeongchang – Seltsame Dinge gehen bei den Winterspielen in Pyeongchang im olympischen Dorf vor sich.

Auf dem großen Platz vor der Athleten-Hochhaussiedlung in der östlichen Küstenstadt Gangneung steht klein und unscheinbar ein grauer Baucontainer mit ungewöhnlich bunten Plakaten. Darauf werden die Sportler aus aller Welt aufgerufen, einzutreten. «Athleten, wir brauchen Euch» oder «Weltrekord. Die größte Zahl von Athleten, die auf einer Leinwand arbeiten», steht mit schwarzer Schrift auf gelb-rotem Hintergrund. Viele Sportler gehen achtlos vorbei. Doch manchmal treten auch neugierige Olympioniken ein – auch der frühere Bobfahrer Prinz Albert von Monaco war schon da.

Lustig-bunt angemalt ist auch die Sportkleidung und die Mütze von Roald Bradstock, der breitschultrig davor steht. Dem 56-jährigen Briten mit Wahlheimat USA sieht man seine sportliche Vergangenheit noch deutlich an. Der frühere Weltklasse-Speerwerfer war zweimal für Großbritannien bei den Olympischen Spielen am Start, 1984 in Los Angeles und 1988 in Seoul. Jetzt, 30 Jahre später, kehrte er als Künstler nach Südkorea zurück.

In Pyeongchang will er im Rahmen des «Artist-in-Residence-Programme» des Internationalen Olympischen Komitees auch zeigen, wie eng Sport und Kunst – seine beiden Passionen – in Verbindung stehen. Irgendwann in seiner Laufbahn als Künstler habe er diese Verbindung erst verstehen müssen, sagt der schnell sprechende Brite. «Das ist Teil meiner Kunst», sagt Bradstock und betont, dass er in Pyeongchang nicht in einem «Container», sondern jeden Tag in einem Studio arbeite.

Der «olympische Picasso», wie er wegen seiner Aktivitäten auf und neben der Sportbahn auch genannt wird, will die Athleten dazu bringen, an seinen Bildern mit den sportlichen Motiven mitzuarbeiten. Für ihn sind das unfertige Kunstwerke. «Wenn ich male, ist das, als wenn ich ein unlösbares Puzzle kreiere», sagt er. Er lasse von dem Kunstwerk seine Hände und es dann von anderen weitermalen. «Es ist wie eine Reise, nicht das Ende des Produkts.» 

Bradstock ist einer von vier Künstlern, die an dem in Verbindung mit der Olympia-Agenda 2020 entwickelten Künstler-Programm des IOC diesmal teilnehmen. Bei den Sommerspielen in Rio des Janeiro 2016 war Premiere. Damit ging das IOC zugleich weit in die Geschichte der Olympische Spiele zurück. Zwischen 1912 und 1948 wurden bei sieben Olympischen Spielen auch Medaillen für künstlerische Leistungen in 18 Bereichen vergeben. Bei den Spielen 1932 in Los Angeles etwa wurden unter anderem Wettbewerbe in den Disziplinen Bildhauerkunst, Literatur und Musik prämiert. 

In Pyeongchang sind es vier Künstler, die früher einmal um olympisches Gold kämpften oder noch immer als Leistungssportler aktiv sind. Die 27-jährige Langläuferin und Filmemacherin Alexi Pappas, die noch immer professionell als Athletin aktiv ist, war in Rio für Griechenland an den Start gegangen. In Pyeongchang will sie zusammen mit ihrem Partner Jeremy Teicher Kurzfilme drehen, die unter anderem mit ihrer Erfahrung als Athletin zu tun haben. Mit dem Schweizer Maler und früheren Fechter Jean-Blaise Evéquoz hat Bradstock in der ersten Olympia-Woche in seinem Studio zusammengearbeitet. Die Malerin und amerikanische Biathletin Lanny Barnes komplettiert das Künstler-Quartett.

Bradstock arbeitet noch, als der Eisschnellläufer und Olympia-Sieger von Vancouver in der Teamverfolgung, Denny Morrison, mit seiner Frau und ebenfalls für Kanada startenden Eisschnellläuferin Josie Morrison vorbeischaut. «Wir waren neugierig, was das hier ist», sagt sie. Beiden gibt Bradstock einen Pinsel in die Hand. Mit Acrylfarbe malt der Kanadier einem Shorttracker auf dem Bild mit schwarzer Farbe eine Brille auf. Bradstock dokumentiert die Zusammenarbeit mit Fotos. Beide tragen sich ins Gästebuch direkt unter dem Namen von Prinz Albert von Monaco ein. 

Jedes Bild, das in Pyeongchang entsteht, hat als Motiv eine  olympische Winterdisziplin. Der Lohn der Arbeit für die Athleten: Die Bilder sollen im Olympischen Museum in Lausanne aufbewahrt werden. 

Fotocredits: Nicole Becker
(dpa)

(dpa)

Auch interessant