Gröden – Nach seiner Fahrt in die deutschen Ski-Geschichtsbücher wusste Josef Ferstl im Zielbereich von Gröden nicht wie ihm geschah. «Weltcupsieg… Ich weiß gar nicht, wie man das schreibt», stammelte der Rennfahrer im Scherz nach seinem Coup im Super-G auf der legendären Saslong.
Der 28-Jährige konnte in Südtirol nicht nur über sein erstes Podium jubeln. Er beendete eine fast 27 Jahre währende Durststrecke, hat doch seit Markus Wasmeier im März 1991 kein Deutscher mehr einen Super-G im Weltcup gewonnen. Eine «historische» Leistung bescheinigte ihm Alpin-Chef Wolfgang Maier.
Ferstl setzte sich vor Max Franz aus Österreich (+0,02 Sekunden) und dessen Landsmann Matthias Mayer (+0,10) durch. Zudem bescherte er dem Deutschen Skiverband (DSV) den ersten Sieg in einem Speed-Rennen seit Max Rauffers Abfahrts-Coup vor 13 Jahren ebenfalls in Gröden. «Es ist kein Podium, man war heute der Beste von der ganzen Welt», meinte der Sportler vom SC Hammer.
Die Siegerehrung genoss Ferstl ganz still, bei der Hymne lagen sich die Trainer in den Armen. Vor seiner Premiere auf dem Treppchen wusste der Sohn des zweimaligen Kitzbühel-Siegers Sepp Ferstl nicht so recht, was nun passiert. «Ich frage schon immer bei den Kollegen nach, die erfahrener sind, was man jetzt machen soll», sagte er.
Andreas Sander landete in Gröden auf dem sechsten Rang. Thomas Dreßen erwischte nach seinem dritten Platz zuletzt bei der Abfahrt in Beaver Creek keinen optimalen Tag und landete auf Rang 20.
«Für uns ist das ein Traum», sagte Sportdirektor Maier zum Überraschungserfolg von Ferstl und erzählte voller Genugtuung: «Jeden Tag sitze ich im Hotel mit den Norwegern, die was weiß ich wie viele Podiums in den vergangenen zwölf Jahren gefahren haben. Und wir haben immer blöd geschaut.» In den vergangenen Jahren waren die deutschen Sportler der Konkurrenz regelmäßig weit hinterhergefahren und hatten erst in jüngster Zeit deutlich aufgeholt. «Für uns ist das schon ein Traum», resümierte Maier, «weil uns das keiner zugetraut hatte».
Dabei hatte Ferstl noch mit heftigen Knieschmerzen zu kämpfen, die ihm in Folge eines Kreuzbandrisses vor zwei Jahren zu schaffen machten. In Beaver Creek überlegte er zuletzt sogar, ob er überhaupt starten kann. Auf der berühmten Saslong-Piste in den Dolomiten legte er dann eine clevere Fahrt hin und profitierte von seiner frühen Startnummer 2. Schon wenige Starter später setzte Schneefall ein und verlangsamte die Fahrt auf der Strecke. Zudem zog teilweise Nebel auf, der die Sicht für die anderen Athleten beeinträchtigte. «Ich habe Glück gehabt», sagte Ferstl. Spitzenfahrer wie Norwegens Aksel Lund Svindal hatten aber noch ähnliche Bedingungen. Nach 38 Fahrern und mehreren Unterbrechungen wurde das Rennen abgebrochen.
Sander fehlten 28 Hundertstelsekunden auf sein erstes Podium im Weltcup. «Ich habe nicht ganz das Gefühl für den Schnee gefunden», sagte er. «Es war nicht schlecht und nicht perfekt.» Am Samstag will das deutsche Speed-Trio bei der legendären Abfahrt in den Dolomiten nachlegen und das dritte Speed-Podest in Serie einfahren.
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(dpa)