Austin – Im Land der unbegrenzten Möglichkeiten klammert sich Sebastian Vettel an den letzten Funken Hoffnung im Titelrennen mit Lewis Hamilton.
«Was uns passiert ist, kann anderen jederzeit auch passieren. Es gleicht sich alles immer wieder aus», sagte der Ferrari-Pilot vor dem Grand Prix der USA, bei dem Mercedes-Star Hamilton am Sonntag in Austin schon vorzeitig zum vierten Mal Formel-1-Weltmeister werden kann. Doch Vettel setzt nach seinen Desaster-Wochen in Asien darauf, dass sich das Glück noch rechtzeitig zu seinen Gunsten wendet. «Wenn das Tempo passt, dann können wir alles schaffen», sagte der Hesse.
Hamilton ist sich der Gesetze von Rennsport und Mathematik durchaus bewusst und will auch deshalb möglichst schnell die letzten Zweifel im WM-Kampf beseitigen. «Es sind noch 100 Punkte zu vergeben, das ist eine Menge. Im Leben kann alles passieren», sagte der Brite. 59 Punkte Vorsprung hat Hamilton vor dem viertletzten Rennen des Jahres auf Vettel. Gewinnt der Silberpfeil-Star beim sechsten Auftritt in Austin zum fünften Mal, muss sein deutscher Widersacher mindestens Fünfter werden, sonst heißt der Champion wieder Hamilton.
Bernie Ecclestone aber hat Vettel bereits abgeschrieben. «Lewis wird es im nächsten Rennen in Austin entscheiden», sagte der frühere Formel-1-Chef der «Daily Mail». Hamiltons Hochform seit dem Sommer, als er vier von fünf Rennen gewann und 73 Punkte mehr als Vettel holte, lässt kaum an eine letzte Wende im Saison-Endspurt glauben. Zu dramatisch war zuletzt der Absturz von Ferrari mit Vettels Startcrash in Singapur und den bitteren Defekten in Malaysia und Japan.
«Lewis hat das Momentum, alles läuft in seine Richtung. Sebastian braucht jetzt ein Wunder», sagte der noch amtierende Weltmeister Nico Rosberg. Zwar attestierte der PS-Pensionär seinem Landsmann ein großes Kämpferherz, doch das allein wird Vettel nicht mehr zum fünften Titel tragen. Der 30-Jährige rechnet damit, dass auch Hamiltons Technik noch einmal streiken könnte oder den WM-Führenden das Unfallpech ereilt. «Ich wünsche niemanden etwas Schlechtes, aber so läuft es halt im Rennsport», sagte Vettel.
Mit solchen Gedanken will sich Hamilton gar nicht erst beschäftigen. Die Zuverlässigkeit war auch in diesem Jahr die Stärke von Mercedes, selbst wenn das neue Auto sich bisweilen als Diva gab. Jetzt bloß keine Experimente mehr, heißt daher Hamiltons Devise. «Ich muss einfach so weitermachen und diese Leistungen abrufen. Dann gibt es keinen Grund für mich, etwas zu ändern», sagte der 32-Jährige, der schon seinen dritten WM-Triumph 2015 mit einem Sieg in Austin perfekt machte.
In Routinen und kontrolliertem Risiko sucht Hamilton Sicherheit für die letzten Meter zum nächsten Titel. «Wenn du manchmal nur ein bisschen vom Gas gehst, bereitest du dir mehr Probleme als du brauchst», erklärte der WM-Spitzenreiter. Cool bleiben und die nötigen Ergebnisse einfahren, das hat Hamilton aus der bitteren Erfahrung seines ersten Formel-1-Jahres gelernt. 2007 verspielte er damals im McLaren in den letzten zwei Rennen noch einen eigentlich sicheren Vorsprung. Am Ende triumphierte Kimi Räikkönen – ein Ferrari-Pilot.
Fotocredits: Larry W. Smith
(dpa)