Sportnews

Weltmeister kontra Pöbel-Fans: «Ganz schlimm»

By

on

Prag – Zu einer starken Teamleistung liefen die deutschen Weltmeister erst nach ihrem glücklichen Sieg in Prag auf. Matchwinner Mats Hummels und Co. verweigerten nach dem 2:1 (1:0) gegen Tschechien in der Eden Arena den sonst obligatorischen Gang zu den mitgereisten deutschen Anhängern.

Demonstrativ distanzierten sich die Nationalspieler von rund 200 Pöbel-Fans, die mit rechten Parolen und verbalen Entgleisungen gegen den Deutschen Fußball-Bund (DFB) und einige seiner Stars wie Torschütze Timo Werner gehetzt hatten.

Der schon in den 90 Spielminuten sportlich herausragende Münchner Hummels, der kurz vor dem Abpfiff mit seinem Kopfballtreffer die makellose Bilanz des Teams von Joachim Löw in der WM-Qualifikation erhalten hatte, wählte drastische Worte. «Katastrophe! Ganz schlimm! Das fing ja schon bei der Schweigeminute an. Da gab es schon ein schlechtes Verhalten von einigen. Timo Werner wird beleidigt, bepöbelt. Dann fangen die Fans an, diesen Scheiß zu rufen. Da distanzieren wir uns komplett davon», erklärte der Bayern-Profi.

«Wenn du Gesänge hörst mit nationalsozialistischem Hintergrund, braucht man sich nicht zu wundern, dass wir das nicht bejubeln. Wir waren uns alle einig, dass wir da jetzt nicht noch in die Kurve gehen und das noch unterstützen», sagte der Leverkusener Julian Brandt.

Die Hooligans hatten ihre Eintrittskarten nicht über den offiziellen Verkaufsweg des DFB bezogen, berichtete Teammanager Oliver Bierhoff. Sie standen in einem direkt angrenzenden Zuschauerblock. «Das sind keine Fans, das sind Krawallmacher, Hooligans», urteilte Hummels.

Der 28-Jährige hofft auf Konsequenzen für diese Leute, die den Fußball selbst kaputt machten und das wissentlich. «Man muss einfach schauen, dass man sie aus dem Stadion rauskriegt.» Hummels tat der Verzicht auf den Gang in die Fankurve leid für die echten Fans, bei denen sich das Team nicht für die Unterstützung bedanken konnte. «Es war so weit daneben, es stand nicht zur Diskussion, dass man noch hingeht», erklärte Hummels. Mit Blick auf das anstehende Heimspiel in Stuttgart gegen Norwegen äußerte er sich hoffnungsvoll: «Ich bin mir sehr sicher, dass es am Montag anders ausschaut.»

Dann soll auch das deutsche Spiel wieder mehr fußballerischen Glanz ausstrahlen. Denn in Prag wurde mit dem siebten Sieg im siebten Spiel der Qualifikation nur das vorrangige Ziel der ersten Dienstreise in der WM-Saison erreicht. «Das Ergebnis stimmt zufrieden, klar. Es war unser Ziel, drei Punkte zu machen. Das haben wir erreicht. Aber man muss sagen, dass wir viel Glück und die offensive Kopfballqualität von Mats Hummels benötigt haben», resümierte Bundestrainer Löw auf die Schnelle vor dem noch in der Nacht erfolgten Rückflug nach Stuttgart: «Das Eingespieltsein müssen wir erst wieder hinbekommen.»

Löws Experiment mit einer extrem offensiven Aufstellung mit zwei Stürmern (Werner, Stindl) und zwei Zehnern (Özil, Müller) war nicht aufgegangen. «Ganz bewusst habe ich diese Aufstellung gewählt», verteidigte Löw seinen Plan. Durchkreuzt wurde dieser auch von ungewöhnlich vielen leichten Ballverlusten. «Das kenne ich so von einer deutschen Nationalmannschaft in den letzten zehn Jahren nicht mehr», sagte Hummels.

Den Tschechen eröffneten sich viel zu viele Torchancen. Bundesliga-Profi Vladimir Darida von Hertha BSC konnte aber nur eine zum Ausgleich des frühen deutschen Führungstores durch den Leipziger Timo Werner nutzen. «Da haben wir definitiv ein Quali-Spiel der schlechteren Sorte abgeliefert», urteilte Hummels.

Löw richtete den Blick direkt nach vorne. Er kündigte für die zweite Partie am Montag (20.45 Uhr) in Stuttgart «den einen oder anderen Wechsel» an: «Das hatte ich schon vor dem Spiel geplant. In der Konstellation der Tabelle können wir auch mal andere sehen.»

Wenn Deutschland gegen Norwegen gewinnt und Verfolger Nordirland parallel in seinem Heimspiel gegen Tschechien Punkte einbüßen sollte, wäre das WM-Ticket nach Russland schon nach acht von zehn Spieltagen vorzeitig gelöst. Der Bundestrainer will dafür erneut auf Attacke setzen: «Gegen die Norweger müssen wir auch offensiv antreten.»

Fotocredits: Jan Woitas
(dpa)

(dpa)

Auch interessant