Col d’Izoard – Chris Froome kletterte mit einem breiten Lächeln auf das Siegerpodest, reckte den Daumen nach oben und ließ seinen Blick entspannt auf die riesigen Alpen-Gipfel schweifen. Es ist quasi geschafft.
Auf dem 2360 Meter hohen Col d’Izoard hat der Brite sein Meisterstück vollbracht und die letzten Hürden auf dem Weg zu seinem vierten Triumph bei der Tour de France aus dem Weg geräumt. «Ich bin sehr erleichtert. Ich würde zwar nicht sagen, dass die Tour gewonnen ist. Aber wir haben den härtesten Teil hinter uns gebracht. Ich bin überglücklich», sagte Froome, der auch die letzten Attacken seiner Rivalen auf der 18. Etappe im Hochgebirge parierte.
Rien ne va plus – nichts geht mehr für seine Konkurrenten um den Vorjahreszweiten Romain Bardet. Am Tag nach dem Sturz-Drama um Marcel Kittel hatte es der tapfere Franzose auf den steilen Rampen noch ein mal probiert, doch Froome ließ sich nicht abschütteln. Jubeln durften die Gastgeber trotzdem: Bergkönig Warren Barguil holte sich nach 179,5 Kilometern den Etappensieg und bescherte dem deutschen Sunweb-Team bereits den vierten Tagessieg bei der 104. Frankreich-Rundfahrt.
Doch die Augen waren auf das letzte Kräftemessen der Favoriten gerichtet, die gut 20 Sekunden hinter Barguil und dem Tageszweiten Jhon Darwin Atapuma den Izoard hochschossen. Bardet sicherte sich den dritten Platz und vier Sekunden Zeitgutschrift, womit er nun wieder als Zweiter 23 Sekunden hinter Froome liegt. Dritter ist 29 Sekunden zurück der Kolumbianer Rigoberto Uran.
«Ich habe alles gegeben – mehr ging nicht», sagte Bardet völlig atemlos und kletterte entkräftet in den Teamwagen. Seine Mannschaft hatte ihn am brutalen Anstieg in Position gebracht, gegen die Über-Mannschaft von Sky war aber nicht viel auszurichten. «Ich habe dieses Jahr die Alpen ohne Probleme absolviert», sagte Froome, nachdem er bei seinen drei vorangegangenen Triumphen in der letzten Woche immer noch kleine Schwächen gezeigt hatte.
Auch wenn die Abstände im Gesamtklassement marginal erscheinen, sind sie in Wahrheit doch groß. Denn Froome ist im Zeitfahren seinen Herausforderern klar überlegen. In Marseille hofft der Brite beim Kampf gegen die Uhr über 22,5 Kilometer auf seinen ersten Sieg seit September 2016. «Ich werde mein Maximum geben. Vielleicht klappt es. Wir können sehr zuversichtlich sein», sagte Froome, der Uran am ehesten noch als Bedrohung ansieht.
Als Sieger darf sich auch das Sunweb-Team bei der Tour fühlen, nachdem Barguil wie schon am Nationalfeiertag triumphiert hatte und den Izoard gar in neuer Rekordzeit meisterte. «Es war sehr emotional. Ich kann es nicht glauben», sagte das Leichtgewicht, der mit beiden Fingern gen Himmel zeigte – zu Ehren seiner kürzlich verstorbenen Großeltern. Neben den vier Etappensiegen und dem Bergtrikot von Barguil trägt auch noch Sunweb-Sprinter Michael Matthews noch den grünen Dress für den besten Sprinter.
Das Trikot hatte der Australier nach dem Tour-Aus von Kittel kampflos übernommen. Der Supersprinter hatte sich am Donnerstag bereits mit dem Auto auf den Heimweg begeben. Die Reise nach Paris will sich Kittel trotz seines Ausstiegs nicht entgehen lassen, wenn auch unter anderem Umständen. «Marcel ist in Paris wieder beim Team. Es wird eine Party mit den Familien und den Freunden geben», hatte Teamchef Patrick Lefevere am Start in Briancon erklärt.
«Die letzte Chance», hatte am Donnerstag das Tour-Organ L’Équipe» vor der 18. Etappe getitelt, damit vor allem den Lokalmatadoren Bardet gemeint und ihm quasi Beine gemacht. Aber der Traum der Tour-Gastgeber, den ersten einheimischen Toursieger 32 Jahre nach Bernhard Hinault küren zu können, wird wohl nicht in Erfüllung gehen. Denn Froome trennen vom Ziel in Paris nur noch 348 Kilometer.
Bester Deutscher war Emanuel Buchmann auf Rang 31, er verteidigte seinen 15. Platz im Gesamtklassement.
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(dpa)