Troyes – Schweißgebadet und überglücklich feierte Marcel Kittel im Zielbereich von Troyes mit seinen Kollegen die nächste rauschende Siegerparty – die Konkurrenz erklärte fast schon ihre Kapitulation.
«Hut ab. Er ist zehn Stundenkilometer schneller an mir vorbeigefahren. Er ist zurzeit der Beste», lobte der drittplatzierte André Greipel seinen deutschen Rivalen, der mit einem weiteren Sprint der Extraklasse in Troyes bereits seinen zweiten Etappensieg bei der 104. Tour de France holte.
Bereits am Freitag könnte damit in Nuits-Saint-Georges der Rekord des zwölfmaligen Etappensiegers Erik Zabel fallen, nur ein Erfolg fehlt Kittel noch. Doch die Bestmarke des früheren Telekom-Stars hat für den 29 Jahre alten Ausnahmesprinter keine Bedeutung. «Das ist für mich nicht so wichtig. Für mich geht es in erster Linie darum, meine Karriere zu genießen. Wenn es passiert, ist es schön», sagte Kittel.
Genießen konnte er in Troyes, wo Zabel bei der letzten Tour-Ankunft vor 17 Jahren triumphiert hatte, den nächsten Gang auf das große Podium der Tour. Kittel war zuvor bei Temperaturen von über 35 Grad auf der sechsten Etappe über 216 Kilometer von Vesoul nach Troyes scheinbar mühelos am Zweiten Arnaud Demare und Greipel vorbeigesprintet.
«Ich bin stolz wie nach dem Sieg in Lüttich. Ich fühle mich gut und und war in einer guten Position. Ich habe versucht, Demare zu folgen», sagte Kittel. Der Rest war nur noch Formsache. Die Konkurrenz ist zunehmend entnervt. «Kittel scheint zur Zeit fast unschlagbar zu sein», sagte Greipels Sportdirektor Marc Sergeant, und Demares Chef Marc Madiot meinte: «Kittel ist sehr, sehr stark.»
Wer soll den Quick-Step-Floos-Sprinter derzeit schlagen? Zumal in Weltmeister Peter Sagan und dem 30-maligen Etappengewinner Mark Cavendish zwei große Rivalen fehlen. Sagan war am 4. Juli wegen des Ellbogenchecks gegen Cavendish von der Tour ausgeschlossen wurde, Cavendish hatte bei seinem Sturz einen Schulterblattbruch erlitten. Einfache mache es die Sache nicht, betonte Kittel: «Die Hektik ist im Finale die gleiche. Alle wollen vorne sein.»
Das deutsche Bora-hansgrohe-Team hatte noch versucht, Sagan zurück ins Rennen zu klagen – ohne Erfolg. Der Internationale Sportgerichtshof CAS lehnte das Gesuch ab. Sagan hatte in den vergangenen fünf Jahren jeweils das Grüne Trikot gewonnen. Auf seine Nachfolge spekuliert nun Kittel. Der Quick-Step-Sprinter verkürzte den Rückstand auf Demare auf 27 Punkte.
«Ich träume nicht davon, habe es aber im Fokus», sagte Kittel wohlwissend, dass er auch bei den Zwischensprints mitpunkten muss. Am Donnerstag machte der deutsche Star dies nur mit halber Kraft, um Kräfte für das Finale zu schonen.
In Troyes lief diesmal beim Sprintfinale alles glatt, nachdem es zwei Tage zuvor in Vittel noch so gekracht hatte. Taktisch klug schoss Kittel im richtigen Moment aus dem Windschatten und sprintete an Demare und Greipel noch vorbei.
In der Gesamtwertung blieb derweil alles beim Alten. Vorjahressieger Chris Froome liegt weiter zwölf Sekunden vor seinem walisischen Sky-Teamkollegen Geraint Thomas und 14 Sekunden vor dem italienischen Meister Fabio Aru. So erhielt Froome das 45. Gelbe Trikot seiner Karriere.
Gestartet wurde die Etappe in Vesoul, dabei nahm der 17-malige Tour-Teilnehmer Sylvain Chavanel seinen 335. Tag bei der Frankreich-Rundfahrt in Angriff, womit er Jens Voigt übertraf. Der deutsche Altmeister, bei der Tour als Experte im Einsatz, lief unterdessen morgens vor der Etappe noch einen Marathon. Für Chavanel ist es bis zum Rekord des Niederländers Joop Zoetemelk (363 Tage) aber noch weit.
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(dpa)