Sheffield – Mark Selby präsentierte seinen ganzen Stolz auf dem großen grünen Billardtisch.
Der alte und neue Snooker-Weltmeister strahlte über das ganze Gesicht, als er im Konfettiregen seinen silbernen Pokal zu seiner Rechten und seine kleine Tochter Sofia Maria zu seiner Linken auf dem Spielfeld zeigte – auch Frau Vikky Layton durfte in diesem emotionalen Moment für Selby nicht fehlen. «Das ist ein fantastisches Gefühl», sagte der 33 Jahre alte Engländer, der sich nicht nur über eine große Henkeltrophäe, sondern auch über ein Preisgeld von 375 000 Pfund (knapp 450 000 Euro) freuen darf.
Im Moment des Triumphs, der nach dem hochpackenden 18:15 gegen den Schotten John Higgins erst nach über elf Stunden reiner Spielzeit feststand, ballte Selby die Faust und grinste erleichtert ins Publikum. Viel mehr als pure Freude schien eine große Last von dem Ausnahmekönner abzufallen, der seiner Favoritenstellung unbedingt gerecht werden wollte. «Es ist physisch und mental so hart, dieses Turnier zu gewinnen», sagte Selby nach seinem dritten WM-Titel über den 17-tägigen Wettkampf. «Snooker ist eine der schwierigsten Sportarten auf der Welt.»
Der «Jester (Witzbold) von Leicester» ist jetzt einer von vier Profis, denen im legendären Crucible Theatre von Sheffield die Titelverteidigung gelang. Vor ihm schafften das nur Stephen Hendry (Schottland), Ronnie O’Sullivan sowie Steve Davis (beide England). «Einer von nur vier Spielern zu sein, die hier ihren Titel verteidigen konnten, ist etwas, wovon ich nur hätte träumen können», sagte er. Selby ist Triple-Held – und mittlerweile klar der Maßstab im Snooker-Sport.
«Wenn du Turniere gewinnen willst, musst du so spielen wie Selby. Es ist die moderne Art des Spiels», lobte der fünfmalige Champion O’Sullivan via Twitter. «The Rocket» gilt als Ausnahmeerscheinung, als Genie dieser Sportart: Aber mit Mark Selby im Jahr 2017 kann er derzeit nicht mehr mithalten.
Der Weltmeister ist anders als viele Rivalen vielseitig und zeichnet sich nicht nur durch ein hervorragendes Lochspiel aus. Selby ist variabel, beherrscht seine Rivalen vor allem taktisch und leistet sich fast keine Fehler. Seit 27 Monaten steht er ununterbrochen an der Spitze der Weltrangliste, auch seine Kollegen respektieren ihn als Primus. «Ich denke, Mark wird diesem Titel noch weitere folgen lassen – ob es einer, zwei, drei oder vier sind», sagte der im Finale unterlegene Schotte Higgins. Er bezeichnete Selby als «Granit» und als «großartigen Champion».
Bei seinem umkämpften Finalsieg bewies der Snooker-Primus vor allem Moral und mentale Stärke. Auch von einem zwischenzeitlichen 4:10-Rückstand ließ sich Selby nicht aufhalten. «Wenn Du hier schon untergehst, dann musst Du wenigstens kämpfen», habe er zu diesem Zeitpunkt gedacht, verriet Selby nach seinem Titelgewinn mit einem Augenzwinkern.
Die WM-Pokale, von denen er nun als einer von zehn Spielern drei hat, widmet Mark Selby auch seinem verstorbenen Vater. Mit 16 Jahren hatte er ihm am Krankenbett versprochen, für ihn einmal Weltmeister zu werden. In der Nacht zum Dienstag gelang es dem überragenden Snooker-Profi schon wieder.
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(dpa)