Magdeburg – Nach langen, kontroversen Debatten ist die umstrittene Spitzensportreform auf den Weg gebracht worden. Das Konzept wurde auf der Mitgliederversammlung des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) mit überwältigender Mehrheit verabschiedet.
Auf der Sitzung in Magdeburg gab es bei 439 Stimmberechtigten nur eine Gegenstimme und fünf Enthaltungen. «98,6 sind genau die Steilvorlage und der Rückenwind, den wir für den Start der neuen Reform benötigen. Das heutige Ergebnis hat gezeigt, dass dann, wenn es zählt, der Sport willens ist, sich auf einen neuen Weg zu machen und auch die notwendigen Beschlüsse zu treffen», sagte DOSB-Präsident Alfons Hörmann.
Durch die Reform soll das System künftig auf Erfolg ausgerichtet werden. Durch ein Potenzialanalysesystem (POTAS) werden Sportler und Disziplinen in drei Cluster eingeteilt und nach ihren Erfolgsaussichten in den nächsten vier bis acht Jahren bewertet.
Vor der Abstimmung hatte Hörmann um Zustimmung geworben. Das Projekt sei «ein wichtiger Schritt», es setze zukünftig die Leitplanken. In den vergangenen zwei Jahren sei in einer Intensität über den Leistungssport diskutiert worden, wie es Jahre oder Jahrzehnte wohl nicht passiert sei. Doch mit der Verabschiedung der Reform werde die Arbeit erst beginnen. «Wir sind nicht am Ziel angekommen, sondern gehen an den Start. Die eigentliche Arbeit, die Umsetzung des Ganzen, geht jetzt los.»
In den vergangenen beiden Tagen war in den Gesprächen mit den Verbänden an der Beschlussvorlage gefeilt worden, so war unter anderem noch die Einbindung der Athletenvertreter in die Strukturgespräche aufgenommen worden. Auch wurde festgehalten, dass das Konzept «einer Fortschreibung der Inhalte sowie einer Weiterentwicklung und Spezifizierung der Maßnahmen bedarf».
Die Reform hatte in den vergangenen Wochen für große Diskussionen und auch Kritik gesorgt. So hatten die Verbände kritisiert, dass sie vom Bundesinnenministerium und dem DOSB quasi vor vollendete Tatsachen gestellt und bei den Gesprächen nicht berücksichtigt worden seien. So gab es auch am Samstag noch kritische Stimmen, wie etwa von Martin Engelhardt, dem Vorsitzenden der Deutschen Triathlon-Union (DTU). «Ich bestehe darauf, dass die Eigenständigkeit des Sports erhalten bleibt. Ich möchte keinen Staatssport», bekräftigte er. Das habe Deutschland in zwei Systemen bereits erlebt.
Bundesinnenminister Thomas de Maizière, der die Reform mit seiner Forderung nach 30 Prozent mehr Medaillen vorangetrieben hatte, war in Magdeburg nicht vor Ort. Der CDU-Politiker weilte im Rheinland bei der Beerdigung des Bundestags-Vizepräsidenten Peter Hintze und war nur per Videobotschaft zugeschaltet. So musste sich sein Vertreter, Staatssekretär Hans-Georg Engelke, viele Rufe nach einer Erhöhung der Fördergelder anhören. De Maizière sicherte zuvor in seiner Grußbotschaft die Bereitschaft zu, den «Sportetat substanziell und dauerhaft zu erhöhen, damit diese Reform auch Erfolg hat».
Dafür soll das System auf Erfolg getrimmt werden. Nicht mehr die Meriten der Vergangenheit, sondern Potenziale und Perspektiven sollen nun für die Klasseneinteilung und somit für die Höhe der Fördergelder maßgeblich sein. Sportarten, die nach dieser Einschätzung nicht auf Topniveau wettbewerbsfähig sind, erhalten zukünftig nur eine Basisförderung. Ein zentraler Punkt ist auch, dass die Zahl der Olympia- und Bundesstützpunkte reduziert wird.
Nach der Zustimmung durch die DOSB-Mitglieder befasst sich im Februar das Bundeskabinett mit dem Projekt, im Frühjahr soll es im Bundestag präsentiert werden. 2017 und 2018 dienen als Übergangsjahre, ehe 2019 die Reform greifen und spätestens bei den Sommerspielen 2024 erste Erfolge bringen soll.
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(dpa)