Olympia

Lange Kanu-Party nach Medaillen-Spektakel

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Rio de Janeiro – Mit Bier und Caipirinha-Cocktails stießen die deutschen Kanuten spät abends auf ihr Medaillen-Spektakel in Rio an, der Verbandschef packte kubanische Edel-Zigarren aus.

Vier Mal Gold und insgesamt sieben Podestplätze – die stärkste olympische Ausbeute der Rennpaddler seit Athen 2004 wurde bis tief in die Nacht zum Sonntag ausgiebig begossen und gefeiert. «Wir arbeiten fleißig und haben anscheinend das richtige Konzept, um immer wieder erfolgreich zu sein», urteilte Doppel-Olympiasieger Sebastian Brendel.

Wie bisher bei allen Sommerspielen seit der Wiedervereinigung war der Deutsche Kanu-Verband der stärkste deutsche Fachverband. «Es ist nicht das erste Mal, dass wir die Kohlen aus dem Feuer holen. Seit vielen Jahren klappt es ja bei uns», sagte Brendel. Der Potsdamer triumphierte nach seinem Sieg im Canadier-Einer am Samstag auch noch mit Jan Vandrey im Zweier über 1000 Meter. Noch überlegener fiel der Sieg des Kajak-Vierers der Männer aus, durch den sich am letzten Wettkampftag auch die Zweier-Goldgewinner Max Rendschmidt und Marcus Groß jeweils zu Doppel-Olympiasiegern kürten.

«Ich bin zutiefst beeindruckt von Euch», gestand Verbandschef Thomas Konietzko seinen Olympia-Paddlern am Abend in einer Ansprache. Der im Februar abtretende und leicht erkältete Bundestrainer Reiner Kießler bedankte sich mit heiserer Stimme bei seinem 13-köpfigen Team, in dem nur zwei Sportler ganz ohne Olympia-Medaille blieben. «Ihr habt mich sprachlos gemacht», kommentierte Kießler emotional berührt.

Ihre eindrucksvolle Rio-Bilanz kam den deutschen Rennkanuten selbst beinahe unwirklich vor. «Einfach unglaublich», konstatierte Brendel, der im Canadier-Zweier mit Vandrey überhaupt nur dank eines Olympia-Ausschluss der weißrussischen Männer an den Start hatte gehen können. «Wir sind erst zum zweiten Mal zusammen gefahren. Zweites Rennen, erster Sieg – vielleicht sind wir jetzt öfters im Zweier unterwegs», kündigte der Ausnahmekanute augenzwinkernd an.

Obendrein gab es auf der Lagoa Rodrigo de Freitas am Samstag noch Silber für den Kajak-Vierer der Frauen über 500 Meter und Bronze für Kajak-Einer-Sprinter Ronald Rauhe. «Die Truppe ist der Wahnsinn», kommentierte Coach Kießler und umschrieb das Erfolgsrezept mit konsequenter, harter Arbeit über vier Jahre: «Kanuten sind sehr fleißig, die stehen sehr zeitig auf, gehen früh ins Bett und machen das, was die Trainer sagen. Und es gibt auch keine Stars.» Derartige Verhaltenmuster seien «vielleicht auch für andere beispielgebend».

Die auf wenige Stützpunkte konzentrierte Trainingsgestaltung komme ihnen sicher zugute, stellten die meisten Medaillengewinner fest. «Der große Vorteil ist, dass wir dadurch sehr gute Trainingsgruppen haben und uns richtig messen können, da schenkt keiner dem anderen was», urteilte Bronzegewinner Rauhe, der bei seinen fünften und letzten Olympischen Spielen seine vierte Medaille bejubelte.

Vierer-Olympiasieger Max Hoff (33), der ebenso wie Rauhe (34) möglicherweise zumindest noch ein Jahr weiterpaddeln will, stellte fest: «Unser Trainerteam hat die Tugenden von vor 20, 30 Jahren nicht vergessen: Trainingsfleiß, altbewährte Methoden.»

Das ist zu einem Großteil auch der Verdienst von Sportchef Jens Kahl, der allerdings weiter Verbesserungsbedarf sieht. «Wichtig ist ein professionelles Management im Verband, da bin ich dabei, das auszubauen», sagte er. «Wenn ich uns vergleiche mit einem Verein wie Bayern München – da fehlt noch ein ganzes Stück. Wir sind aber zumindest ein bisschen besser aufgestellt als andere Verbände.»

Die Medaillenjagd von Rio wird nun auch von zwei Sponsoren belohnt. Bei den Weltmeisterschaften 2017 im tschechischen Racice sollen die Rennpaddler in einem Hotelboot auf der Elbe ganz in der Nähe der dortigen Regattastrecke wohnen und übernachten. Das hätten die Sponsoren für den Fall von vier Goldmedaillen im Vorfeld versprochen, sagte Konietzko. «Die haben das im guten Glauben gemacht, dass wir niemals vier Goldmedaillen holen – aber jetzt werden sie dafür einstehen.» Schon am Montag soll die Suche nach einem geeigneten Hotelboot starten – allerdings einem «ganz normalen, profanen».

Fotocredits: Jose Mendez
(dpa)

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