Olympia

«Mit Abstand das Krasseste»: Tischtennis-Frauen im Finale

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Rio de Janeiro – Müde und abgekämpft, aber glücklich schlurften Petrissa Solja und ihre Teamkolleginnen aus der Tischtennis-Halle in Rio. Dass sie nach einem Wahnsinns-Spiel gegen Japan die allererste Olympia-Medaille der deutschen Frauen gewonnen haben, konnte Solja gar nicht richtig fassen.

«Irgendwie kann man es glauben und irgendwie dann auch nicht. Das war emotionale Reizüberflutung», sagte die 22-Jährige kopfschüttelnd. «Ich habe schon wirklich harte Spiele erlebt, aber das war mit Abstand das Krasseste.»

Vier Stunden dauerte das 3:2 im Marathon-Halbfinale gegen den Olympia-Zweiten von 2012. Vier Stunden, in denen die deutschen Tischtennis-Damen mehrmals vor dem Aus standen und sich immer wieder zurückkämpften. «Ich bin groggy, das Spiel war so hart. Das war immer ein Hoch und Runter», sagte Solja. Und auch Deutschlands Nummer eins Han Ying, die schließlich den Matchball verwandelte, sagte: «Das ist so schlimm. So ein Gefühl möchte ich nicht noch einmal erleben.»

Und dabei war das emotionale Auf und Ab für die deutschen Damen mit dem verwandelten Matchball von Ying noch gar nicht vorbei. Weil der entscheidende letzte Ball auf der Kante des Tisches gelandet war, protestierten die Japanerinnen zunächst. «Es war das ganze Spiel über so, dass es Hochs und Tiefs gab. Das ist halt Olympia», sagte Bundestrainerin Jie Schöpp später.

Die Olympia-Medaille ist der bislang größte Erfolg der deutschen Tischtennis-Frauen. An das Finale am Dienstag, wenn voraussichtlich Topfavorit China der Gegner sein wird, wollte im ersten Jubel noch niemand so wirklich denken. «Wir werden um jeden Ball kämpfen», versprach Shan Xiaona. «Und das Olympia-Finale genießen.» Solja sagte: «Wenn man im Finale ist, dann will man natürlich auch Gold gewinnen. Das ist so ein Spiel, das man wirklich genießen kann.»

Schon gegen die an Position zwei gesetzten Japanerinnen mussten alle drei deutschen Spielerinnen bis an ihre Leistungsgrenze gehen. Die aus Rheinland-Pfalz stammende Solja hatte direkt ihr erstes Einzel und das Doppel mit Xiaona gewonnen und konnte die entscheidenden letzten Partien nur noch mit angespannter Miene von der Bank aus verfolgen. «Das Zuschauen ist noch viel schlimmer als das das selber spielen», berichtete sie später. «Man stirbt echt auf der Bank.»

Für die deutsche Meisterin von 2015 sind es wie auch für die gebürtigen Chinesinnen Ying und Xiaona die ersten Olympischen Spiele. «Sie hat sich unglaublich entwickelt. Nicht nur sie, auch die anderen zwei», lobte Bundestrainerin Jie Schöpp. «Wie sie sich jetzt in den vergangenen Jahren entwickelt haben, einfach unglaublich.»

Sportdirektor Richard Prause versprach, die Mannschaft vor dem Finale «akribisch» vorzubereiten. Doch daran wollte direkt nach dem Sensations-Erfolg gegen Japan im Team noch niemand denken. «Ich will erst einmal den Sieg genießen», kündigte Schöpp an. «Ich hoffe, dass ich heute Nacht überhaupt einschlafen kann.» Und auch Solja erklärte mit einem Lächeln, bevor sie sich auf den Weg zum Teambus machte: «Ich bin groggy, aber vielleicht gönne ich mir heute mal was.»

Fotocredits: Felix Kästle
(dpa)

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